Legomania oder wie ich lernte, die Werbung zu lieben

08.07.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Does exactly what it says on the tin...
Warner Bros./moviepilot
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Diese Woche wirft die Speakers’ Corner einen Blick in eine düstere Zukunft voller Werbefilme. Und da kütt wat kütt, hier schon mal ein paar Vorschläge für zukünftige Verfilmungen von Produkten und Franchises, von Fast Food bis zu den fiesesten Mash-ups ever!

Endlich ist er wahr geworden. Der Traum jedes Werbefachmannes ist Realität. All die Jahre hat man unermüdlich nach neuen Wegen gesucht, Produkte zu bewerben und anzupreisen. Ob im Fernsehen oder Internet, auf Bussen oder Bahnen, man musste Werbung unterbringen, wo man nur konnte, damit man überhaupt Aufmerksamkeit bekam. Wie umständlich! Nun hat man aber endlich einen Weg gefunden, dass wir uns nicht nur freiwillig Werbung ansehen, sondern auch noch Geld dafür bezahlen! The Lego Movie hat dies ermöglicht. Doch wie nur? Product Placement ist ja schon ein alter Hut – dass einem das Produkt aber einen ganzen Spielfilm lang vor der Nase herum tanzt, ist eine echte Neuheit, der Aufmerksamkeit gebührt.

Es sollte jedem bewusst bleiben, dass Lego nicht einfach nur eine Sammlung kleiner Figürchen & Klötzchen ist, Lego ist vor allem auch ein riesiges, milliardenschweres Unternehmen. Und egal wie gut gemacht der Lego-Film auch sein mag, es ist schwer zu ignorieren, dass der Film im Kern ein riesiger Imagefilm und vielleicht der größte Werbeclip aller Zeiten ist, der auf das baut, was sich so viele Blockbuster heutzutage zunutze machen: Nostalgie. Transformers, Teenage Mutant Ninja Turtles und demnächst auch Charles M. Schulz’ Die Peanuts – Der Film sind da nur einige aktuelle Beispiele. Der Weg zur fetten Kohle ist gepflastert mit den Erinnerungen vergangener Kindheitstage.

Und wenn dieses Prinzip weiter Schule macht, dann können wir uns noch auf einiges gefasst machen. Schließlich hatten wir nun schon Filme basierend auf Spielzeug, Freizeitpark-Attraktionen und Sammelkarten. Da ist es nur legitim, wenn man sich selber mal fragt, was da wohl als nächstes auf uns zukommt.

Es ist kein Geheimnis mehr, dass Hollywood jedes halbwegs erfolgreiche Konzept solange melkt und kopiert, bis auch der letzte Kinogänger davon verbittert, traurig und krank geworden ist. Weil man aber ohnehin nicht viel gegen diese Entwicklung tun kann, folgen hier ein paar Konzepte für Verfilmungen anderer namhafter Marken, an denen sich die Drehbuchschreiber Hollywoods gerne orientieren dürfen:

Der McDonalds-Film
In einer nicht allzu fernen Zukunft: Der gesamte Erdball wurde von Burger King durch ein katastrophales Experiment an genmanipuliertem Rindfleisch komplett verwüstet. Furcht und Schrecken herrschen auf sämtlichen Kontinenten. Die Überlebenden sind nur noch mehr Tier als Mensch und ernähren sich notgedrungen von alten Nüssen und gerösteten Eichhörnchen. Da erscheint plötzlich aus dem Nichts ein Fremder. Der Heilsbringer, der das Ruder herumreißen und die Menschheit wieder vereinen wird: Ronald McDonald!

In Lederkluft, rot-weißer Kriegsbemalung und einer Ladung Happy-Meals im Gepäck durchkreuzt er auf seiner Harley die Ruinen der zerfallenen Zivilisation, immer auf der Suche nach Hungerleidenden. Magere Kindergesichter, die noch nie in ihrem Leben gelächelt haben, strahlen hell vor Freude wenn Ronald McDonald seine fettigen Fritten verteilt. Selbst für hungernde Vegetarier hat er immer einen Fruchtsalat dabei! Nur er kann die Menschheit an den einzigen Ort führen, an dem es angeblich noch genug Essen für alle gibt, wo es eine Zukunft für die menschliche Rasse geben kann und von dem nur noch in Legenden die Rede ist: Dem letzten noch bestehenden McDonalds-Restaurant auf dem Planeten. Ein Platz, an dem jeder willkommen ist, egal welcher Nationalität oder Religion man auch angehört.

Der Bösewicht der Geschichte ist natürlich der Hamburglar, ein grausamer Diktator, schlimmer als Adolf Hitler und Darth Vader kombiniert, der mit seiner Armee aus kybernetisch veränderten Cyborg-Lebensmittelkontrolleuren sämtliche Nahrung der Welt für sich beanspruchen will. Und nur Ronald McDonald steht ihm dabei im Weg. Deshalb setzt der Hamburglar seine tödlichsten Kontrolleure auf ihn an. Doch Vorsicht, dieser Clown versteht keinen Spaß! Sexy Ladies verwöhnt er mit seinen Milchshakes, doch die Bösen brät er gnadenlos knusprig mit seinem Flammenwerfer!

Der Head & Shoulders-Film
Überall in New York sterben plötzlich immer mehr Menschen an blutender Kopfhaut. Die Polizei ist ratlos und sucht eine Antwort im Voodooismus, doch die Ergebnisse bleiben aus. Bill Jackson, ein vollkommen durchschnittlicher, menschenliebender Head & Shoulders-Mitarbeiter erkennt die drohende Gefahr. Eine Seuche ist ausgebrochen, die Schuppen so ausarten lässt, dass sie sich durch die Schädeldecke in das Gehirn bohren und sie befällt jeden mit ungewaschenen Haaren und trockener Kopfhaut!

Verzweifelt versucht Bill die Regierung vor dieser Gefahr zu waren, doch man lacht ihn überall nur aus und bewirft ihn mit dampfenden Hundehaufen. In der Zwischenzeit sterben immer mehr Menschen an der sonderbaren Seuche. Eine Frau reißt sich in einer Kirche an Weihnachten schreiend mit bloßen Händen die eigene Kopfhaut ab. Panik bricht in der ganzen Stadt aus. Unbescholtene Bürger laufen Amok, verfallen dem Kannibalismus, zerstückeln sich selbst und kaufen Nickelback-CDs. Es ist die Hölle auf Erden. Der Notstand wird ausgerufen und Lager werden errichtet, in denen die Infizierten zusammengerottet und unter Quarantäne gehalten werden, darunter auch Bills Frau und Kinder. Die Regierung sieht letztlich nur einen Ausweg: Ausrottung!

Eine Atomrakete wird auf New York gerichtet. Der Präsident hält im Fernsehen eine Rede darüber, dass ihm das herzlich Leid tut. Doch gerade rechtzeitig entwickelt Bill mit der Hilfe und dem Glauben seiner Arbeitskollegen im Head & Shoulders-Hauptquartier ein neuartiges Shampoo, dass nicht nur die Seuche erfolgreich bekämpft, sondern ebenfalls Herzkrankheiten heilt und Männer von Errektionsstörungen befreit. Der Film endet damit, wie Bill den Nobelpreis für sein Lebenswerk überreicht bekommt.

Der YouTube-Film
Einfach sämtliche Youtube-Videos, die je hochgeladen wurden zu einem einzigen, großen Kinofilm zusammengeschnitten. Laufzeit: ca. 1 Jahr, 11 Monate, 3 Wochen, 18 Stunden und 45 Minuten. Allein 5 Wochen davon wären niedlichen Kätzchen-Videos gewidmet. Ein gigantisches Epos, größer als der Herr der Ringe oder Lawrence von Arabien. Damit wäre der YouTube-Film ein sicherer Anwärter für das Guinness Buch der Weltrekorde.

Der Eintritt mit Überlängen-Aufschlag würde etwa 900 € kosten, mit Vergünstigung für Rentner und Schüler nur 800 €. Endlich könnte man dann auf der großen Leinwand miterleben, welche Lippenstiftfarben vor 5 Jahren angesagt waren, oder in 4 verschieden Sprachen erklärt bekommen, wie man seinen Web-Browser einstellen kann.

Wenn endlose Nyah-Cat-Beschallung in Dolby Digital Hirnblutungen bei Zuschauern von jung bis alt verursacht, sollte man dies unbedingt im großen Kinosaal miterlebt haben. Für jede Menge Spaß und Erheiterung wäre mit drolligen Pannenvideos lebenslustiger, kleiner Kinder gesorgt, die mit ihren Bobby-Cars steile, steinige Klippen hinabstürzen. Gespannt dürfte man mitfiebern, wenn Jugendliche um die Wette furzen oder sich auf verwackelten Handy-Bildern vollkotzen. Nicht zu vergessen der historische Moment, als der erste Dildo in den Weltraum geschossen wurde, den man noch einmal so erleben könnte, als wäre es das erste Mal.

Der Verleih würde vor dem Kinobesuch zur Sicherheit Empfehlungen herausgeben, in denen man gebeten würde, zur Vorstellung unbedingt genug Essen, Decken, Kissen, Bettpfannen und Leichensäcke für die etwas älteren Zuschauer mitzubringen. Für das leibliche Wohl würde nicht garantiert.

Der Playmobil-Film
Die Playmobil Figur Malte ist ein Niemand und lebt in einer Welt voller Trauer und Schmerz. Alles was er tut, ist falsch. Seine Freundin hat ihn verlassen, seine Eltern hassen ihn, seinen Job als Klärwerkmeister hat er verloren und seine Träume hat er schon vor langer Zeit aufgegeben. Er wohnt allein in einer Kakerlaken-verseuchten Einzimmerwohnung, die er nur bezahlen kann, indem er sich auf dreckigen Bahnhofstoiletten prostituiert. Jedes mal wenn Malte ein Licht am Ende des Tunnels sieht, spielt das Schicksal ihm erneut einen grausamen Streich. In einer Welt in der alles genormt und vorgefertigt scheint, gibt es keine Fantasie und keine Freude. Seinen Kummer versucht er mit einem Dauergrinsen zu kaschieren, dass auf seinem Gesicht festklebt wie braune Farbe. Egal wo er auch hinsieht, jeder um ihn herum starrt ihn mit denselben ausdruckslosen, leeren Augen an. Alles wirkt künstlich und wie aus Plastik.

Auf der Beerdigung seines Großvaters wird Malte von Neonazis verprügelt und ausgeraubt. Am Tag darauf wird Hodenkrebs bei ihm diagnostiziert und seine Katze wird überfahren. Malte entschließt sich dazu, sich zumindest einen einzigen, langgehegten Herzenswunsch zu erfüllen: Eine Reise nach Polen.

Er macht sich mit einem geleasten Fahrrad auf den Weg, doch als er die Landesgrenze erreicht, sieht er sich einem gigantischen, dreckigen Teppichfußboden gegenüber, der zu einem finsteren Kinderzimmer gehört. Da wird Malte klar, dass er nie wirklich gelebt hat, sondern die ganze Zeit nur die Spielfigur eines sadistischen Kindes gewesen ist und er nie eine eigene Wahl gehabt hat.

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Seien wir ehrlich: Es ist wahrscheinlich, dass irgendwann alle großen Filmstudios und Konzerne zu einem mächtigen Medienkonglomerat zusammen wachsen und es dann ein einziges Studio geben wird, dem sämtliche Rechte zu allen Franchises der Welt gehören.

Wenn dieser Tag kommen sollte, wird dieser Film Realität! Was die Handlung wäre, ist eigentlich egal. Durch Zauberei und modernste Zeitreisetechnologie würden einfach mehrere Parallel-Dimensionen miteinander verschmolzen, was ein schwarzes Loch in den Portemonnaies aller Nerds erzeugen würde. Solange es dabei genug Action, etwas zu lachen und ein paar attraktive Hauptdarsteller gäbe, reichte das schon als Story.

In ein paar Jahren, wenn Hollywood die Ideen dann komplett ausgegangen sind, werden dann einfach alle halbwegs bekannten Franchises in sämtlichen Variationen zusammengewürfelt und Spielfilmhandlungen werden dann etwa so aussehen:

Sherlock Holmes spielt mit Homer Simpson im Multiplayer Angry Birds, Black Widow verprügelt Captain Kirk, weil er ihren Hintern begrabscht hat, Tom & Jerry ermorden Bugs Bunny und schieben es auf Roger Rabbit, Jack Sparrow wird überfahren von John McClane, Schnewittchen erschießt Vampire in Gotham City, Frankenstein geht mit Rambo auf Safari und irgendwo steht Gandalf und schüttelt beschämt den Kopf bei dem ganzen Schwachsinn und geht sich im nächsten Hobbit-Loch besaufen. Abspann.

Diese Vision einer Endzeit der Kreativität, in der alles nur noch Collagen des Konsums sind, wurde uns von einer unbekannten Cassandra niedergeschrieben. Wenn auch ihr mal über Filme, Serien, Genres oder Filmschaffende schreiben wollt, ob aufgeregt oder schwärmerisch, eine Liebeserklärung, einen Erfahrungsbericht, ein Gedicht oder eine Abrechnung (oder ihr vielleicht bereits einen passenden Text auf Lager habt, zum Beispiel in Form einer Hausarbeit), meldet euch bei uns! Oder werft uns den Text in unsere Speakers’-Corner-Klappe… Vielleicht gehört eine der nächsten moviepilot Speakers’ Corner euch! Werft einfach einen kurzen Blick auf die Regeln, und es kann losgehen. Schreibt am besten an community[@]moviepilot.com, oder direkt an Kängufant. Wenn ihr noch Fragen habt, könnt ihr euch natürlich auch gerne jederzeit bei uns melden.

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