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Jetzt bei Netflix: Einer der besten Tarantino-Filme mit einem kontroversen Ende, das bis heute überrascht

12.04.2024 - 17:10 UhrVor 17 Tagen aktualisiert
Jacky Ido in Inglourious BasterdsUniversal/Netflix
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Bei Netflix gibt es seit Kurzem Quentin Tarantinos wohl ambitioniertesten Film zum Streamen, dessen Ende wie kein anderes seiner Karriere diskutiert wurde.

Quentin Tarantino ist in seiner Karriere schon diversen Kritiker:innen auf die Füße getreten. Sein 2009 erschienener Kriegsfilm Inglourious Basterds wurde allerdings mit Argusaugen beobachtet. Denn nach den B-Film-Rachefantasien Kill Bill und Death Proof setzte sich Tarantino hier auch mit der filmischen Darstellung nicht nur des Zweiten Weltkriegs, sondern des Holocausts auseinander. Insbesondere das Finale des Films, der im Katalog von Netflix streamt.

Jetzt bei Netflix: Warum Inglourious Basterds eine neue Tarantino-Ära einläutet

Inglourious Basterds gehört zu den besten Filmen von Quentin Tarantino und markiert den Beginn einer neuen Ära im Schaffen des Pulp Fiction-Regisseurs. Zuvor arbeitete sich Tarantino zuallererst an der Filmgeschichte ab, vom Gangsterfilm Reservoir Dogs bis zum Grindhouse-Beitrag Death Proof. Film und vor allem Genres spielen natürlich weiterhin eine große Rolle, aber mit Inglourious Basterds rückte die Inszenierung von Realität in den Fokus: nämlich der Geschichte.

Schaut euch den Trailer für Inglourious Basterds an:

Inglourious Basterds - Trailer 2 (Deutsch)
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Basterds verarbeitet den Krieg und den Völkermord an den europäischen Juden in einem fiktiven Plot, der von Kriegsfilmen wie Das dreckige Dutzend und Töte alle und kehr allein zurück inspiriert wurde. Django Unchained und The Hateful 8 folgten diesem Muster und nahmen sich der Sklaverei und den Folgen des Bürgerkriegs an. Und in Once Upon a Time ... in Hollywood wandte sich Tarantino der Ermordung von Sharon Tate und ihren Freunden durch Mitglieder der Manson-Family zu.

Gerade mit Blick auf seinen jüngsten Film wirkt Inglourious Basterds wie die Blaupause von Tarantinos Schaffen im vergangenen Jahrzehnt. Und das liegt besonders am Ende. Denn Tarantino verarbeitet nicht nur reale Geschichte in fiktiven Szenarien. Er schreibt Geschichte gewissermaßen neu in Basterds und auch in Once Upon a Time …

Wie wurde das Ende von Inglourious Basterds 2009 aufgenommen?

Die Geschichte um die Jüdin Shoshanna Dreyfus (Mélanie Laurent) und des dreckigen Dutzends unter Aldo Raine (Brad Pitt), die zeitgleich versuchen, die Führung der Nationalsozialisten zu eliminieren, nimmt sich bekanntlich einige Freiheiten mit den realen historischen Abläufen.

Das Basterds-Ende: "Geschmacklos" und "erschreckend unsensibel"?

Entsprechend groß war das Aufsehen, nachdem Inglourious Basterds 2009 in einem übrigens spektakulären Cannes-Jahrgang Premiere feierte (Antichrist! Enter the Void! Das Weiße Band!). Basterds wurde zum Diskussionsstoff in Feuilletons, Blogs und Büchern wie kaum ein anderer Tarantino-Film davor oder danach.

Ty Burr fasste es im Boston Globe  so zusammen: "Man nimmt einen Tarantino-Film auf eigene Gefahr hin ernst, weshalb Inglourious Basterds sein bisher größtes Risiko ist: eine unterhaltsame Action-Komödie über – aufgepasst – den Holocaust." Und:

Es ist offensichtlich zu viel verlangt, von einem cleveren Kind – was Tarantino mit 46 immer noch ist – zu erwarten, dass es mit der Geschichte in irgendeiner sinnstiftenden Form umgeht.

David Denby im New Yorker  bezeichnete den Film als "lächerlich und erschreckend unsensibel". Wendy Ide sah für die britische Times (via Rotten Romatoes ) einen "derben, infantilen und zutiefst geschmacklosen" Film.

J. Hoberman von der Village Voice  sah einen Film, der "Juden ermöglicht, sich wie Nazis zu verhalten, in dem sie an kaltblütigen Massakern und Massen-Verbrennungen teilnehmen, was durch die Wunscherfüllung einen beinahe psychotischen Bruch mit der Realität erzwingt."

Achtung, ab hier folgen Spoiler zum Ende von Inglourious Basterds.

Tarantino wird erwachsen: Das Inglourious Basterds-Ende wurde auch gelobt

Für Rüdiger Suchsland  war Inglourious Basterds damals hingegen Tarantinos bester Film, der sich am Ende etwas traue, vor dem das deutsche Kino zurückschrecke:

Den toten Hitler zu zeigen, sein Gesicht und damit den Mythos selbst zu versehren, den untoten Wieder­gänger der Geschichte sterben zu lassen, das tut dieser Film. Auch das könnte als Befreiung wirken.

Georg Seeßlen (Spiegel ), der mit "Quentin Tarantino gegen die Nazis" auch ein Buch über Inglourious Basterds veröffentlichte, schrieb von einer "radikalen Geste", die das Ende des Tarantino-Films bedeute:

In dieser radikalen Geste vielleicht liegt das Erwachsenwerden des Tarantinismus. So paradox dieser Opfervorgang auch sein mag: Der Traumort wird für die Wirklichkeit geopfert, allerdings nur in einem Traum, für den die Wirklichkeit geopfert wird. [...] 'Pulp fiction' bezwingt den faschistischen Todeskitsch. Den wabernden Bildern von der gefährlichen Umarmung von Diskurs und Nazi-Bild setzt dieser Regisseur einen Schlag mit dem Baseballschläger entgegen.

Bei Netflix könnt ihr euch aktuell selbst ein Bild von dem Film machen. Nach so vielen "Historienschinken" Tarantinos kann man aber leicht übersehen, wie ungewöhnlich, überraschend und, ja, auch radikal Inglourious Basterds 2009 wirkte. Es lohnt sich deshalb, den Film mit diesem Bewusstsein noch einmal anzuschauen, denn über sein Konzept und Ende lässt sich auch 15 Jahre später noch vortrefflich streiten

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