Das Volk gegen ... Sean Penn

15.06.2011 - 08:50 Uhr
Das Filmgericht
moviepilot
Das Filmgericht
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Wir lieben die Stars, aber manchmal gehen sie zu weit. Entschuldigungen bringen dann nichts mehr, es gibt nur eines: die schnelle Verurteilung. Heute steht Sean Penn vor dem Filmgericht. Seine Tat: Ich bin Sam.

Er ist einer der am meisten geschätzten Schauspieler in Hollywood. Zwei Oscars darf er sein eigen nennen und gute Kritiken fliegen ihm nur so zu. Doch auch Sean Penn hat eine filmische Leiche im Keller. Keineswegs wollen wir hier die beeindruckende Karriere des Schauspielers vor Gericht bringen. Doch für einen Film hat der Mann, der Harvey Milk war, eine Anklage verdient.
Auf der Anklagebank: Oscarpreisträger Sean Penn.
Die Tat: Ich bin Sam

Führungszeugnis
Sean Penn hat einen ziemlich guten Riecher für anspruchsvolle Rollen und sich im Laufe seiner Karriere einen Status als wandelndes Qualitätssiegel erarbeitet. Das gelang ihm mit Filmen wie Dead Man Walking, The Game, Mystic River und jüngst The Tree of Life. Auch wenn er wohl nie der Star wird, an den Casting-Agenten bei einer leichtfüßigen Komödie denken, glänzt Sean Penn seit Jahren durch seine Vielseitigkeit und seine Integrität. Er überlässt es anderen, mit dümmliche Blockbustern ihren Kontostand ausfzumöbeln.

Beweisaufnahme
Wenn es eine erfolgreiche Oscar-Strategie gibt, dann ist es das Schlüpfen in eine geistig oder körperlich behinderte Rolle. Vielleicht dachte sich Sean Penn, dass eine zweite Gold-Statuette auf seinem Kamin ganz hübsch aussehen würde. Am Drehbuch kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Denn Ich bin Sam durchläuft schamlos alle Stadien der Sentimentalität, kann weder vielschichtige Figuren vorweisen (alle Beamten sind böse!!!), noch eine glaubwürdige Story (ein Autist kämpft um das Sorgerecht für seine Tochter). Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn einem schon während der Sichtung auffällt, wie manipulativ die Filmemacher am Werk sind. Eigentlich hätten sie Untertitel einblenden sollen wie “Achtung! Bitte jetzt heulen!”.

Einspruch
Die meisten Kritiker sind sich einig, dass Ich bin Sam nicht gerade durch seine Story punktet. Positiv hervorgehoben wird von ein paar Schreibern aber die Leistung des Hauptdarstellers. So schreibt Mick LaSalle vom San Francisco Chronicle, dass der Film in Erinnerung bleiben sollte für “Sean Penns beeindruckende Leistung als geistig behinderter Mann. Penns Sorgfalt, das Fehlen von Herablassung und Sentiment in seiner Darstellung und seine Bereitschaft, den Charakter ohne jegliche Wertung zu verkörpern, verhilft dem Film, der auch zum aufgeblasenen TV-Movie hätte werden können, zu einer künstlerischen Ebene.”

Schlussplädoyer
Die Karriere des Sean Penn verdient Respekt, gerade weil sich der Mann nie den Blockbustern gebeugt hat. Doch Ich bin Sam ist ein deftiger Ausrutscher in seiner bewussten Fixierung auf den wichtigsten Filmpreis der Welt. Deswegen ist ein Schuldspruch nach Ansicht der Anklage unumgänglich.

Ihr habt die Anklage und den Einspruch der Verteidigung gehört. Nun liegt es in eurer Hand: Hat die schamlose Oscar-Ware Ich bin Sam das Zeug dazu, Sean Penn einen Schuldspruch einzubringen?

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